Erste Stippvisite des Kuriers

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Praktisch unbeachtet von den Medien und damit von der breiten Öffentlichkeit nähert sich die Raumsonde Messenger – 1.260 Tage nach dem Start – zum ersten Mal ihrem Zielplaneten. Für eine kurze Stippvisite nur, denn bis das Fahrzeug tatsächlich in einen Orbit um den sonnennächsten Planeten einschwenkt wird fast noch einmal so viel Zeit vergehen, nämlich 1.160 Tage.

Kosmolog-Blogger Stefan Oldenburg hat es vor ein paar Tagen schon erwähnt: Merkur ist so etwas wie der vergessene Planet. Aus den unterschiedlichsten Gründen: Schwer zu beobachten wegen seiner Sonnennähe und aus demselben Grund auch schwer zu erreichen. Energietechnisch ist der Aufwand um in einen Orbit um den Merkur zu gelangen ähnlich groß, wie in eine Umlaufbahn um den Saturn zu kommen. Und die Umweltbedingen so nahe der Sonne stellen enorme Anforderungen an das Fluggerät.

Um sich mit möglichst wenig Treibstoff tief in die Gravitationssenke nahe der Sonne zu bewegen ist eine komplexe Flugbahn und der Einsatz einer Reihe von so genannten "Gravity Assists" nötig. Dabei werden die Schwerefelder von Erde, Venus und Merkur genutzt um (Sonnen-) Orbitgeschwindigkeit abzubauen. Die für "Messenger" maßgeschneiderte Flugbahn führte einmal an der Erde vorbei, zweimal an der Venus und jetzt ist dreimal der Merkur dran.

Trotz dieser ausgefeilten Nutzung der Naturgesetze muss Messenger für seine Mission so viel Treibstoff mitnehmen, dass das Gewicht des Sprits 55 Prozent der Gesamtmasse ausmacht.

Das Orbit-Bremsmanöver ist beileibe nicht der einzige größere Triebwerkseinsatz der Mission. Während des langen Anfluges auf das Einschussfenster haben bislang schon 15 größere Kurskorrekturen stattgefunden. Die bislang letzte, TCM 19 genannt, erst am 19. Dezember 2007.  Beim umfangreichsten dieser Manöver, dem so genannten "Deep Space Maneuvre 2" (TCM 18) wurde die eine Geschwindigkeitsveränderung um 1.104 Meter pro Sekunde durchgeführt, das entspricht fast 4.000 km/h.

Seit dem Start am 3. August 2004 hangelt sich Messenger auf seiner verschlungener Bahn immer näher an die Sonne heran.

Am 2. August 2005 erfolgte das "Gravity Assist Maneuvre 1" mit einem Erdvorbeiflug in 2.350 Kilometern Höhe über dem Nordpol. Am 26. Oktober 2006 dann die erste Venus-Passage in knapp 3.000 Kilometer Distanz. Am 5. Juni 2007 erfolgte der zweite Venus-Vorbeiflug in einem Abstand von nur 338 Kilometern. Und am kommenden Montag, kurz nach 20 Uhr schließlich die erste Merkur-Passage, in einer Entfernung von nur 200 Kilometern.

Der zweite Vorbeiflug wird am 6. Oktober dieses Jahres stattfinden, und Passage Nr. 3 schließlich am 29. September 2009.

Erst danach hat sich die Sonde soweit nach "innen" geschraubt, dass sie schließlich in der Endphase des vierten Anflugs ihr 645 Newton leistendes Haupttriebwerk für das finale Manöver zünden kann.

Ein kleiner Wermutstropfen bei den drei Stippvisiten ist der Umstand, dass der merkurnächste Punkt jeweils auf der Nachtseite des Planeten liegt, womit für die rein optische Beobachtung somit nicht die allerbesten Bedingungen gegeben sind.

Auf diese Seite http://messenger.jhuapl.edu/gallery/sciencePhotos/ stellt die NASA die Fotos ein, so wie sie von Messenger kommen. Die ersten können bereits jetzt eingesehen werden, obwohl wegen der großen Distanz noch keine wesentlichen Details erkennbar sind. Das wird sich aber jetzt von Stunde zu Stunde bessern.

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

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