GLAST ist im Orbit

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Siebzig Prozent des Risikos einer Weltraummission liegen beim Start. Den hat GLAST heute abend sicher hinter sich gebracht. Es sieht also gut aus für die Durchführung der Forschungsmission des viereinhalb Tonnen schweren Gammastrahlen-Teleskops. Der Liftoff erfolgte um 18:05 Uhr mitteleuropäischer Zeit, oder 12:05 Uhr vormittags amerikanischer Ostküstenzeit. Das Raumfahrzeug sollte seine Reise eigentlich schon 20 Minuten früher antreten, aber die Tracking Station Antigua hatte ein Problem mit der Bahnverfolgungsantenne, so dass die Startmannschaft der United Launch Alliance noch einige Minuten zugeben musste, bevor sie die Rakete auf die Reise schicken konnten.

Als Träger wurde die schwerste Version der Delta 2 eingesetzt, die Delta 2 7925 "Heavy". Die Aussichten, für passendes Startwetter lagen nur bei 60 %, wobei die Schlechtwetter-Wahrscheinlichkeit für das ende des Startfensters in den frühen Nachmittagsstunden am Cape noch zunahm.  Bei Regen und geschlossener Wolkendecke, sowie bei Blitzschlaggefahr und stürmischem Wind wird nicht gestartet.

GLAST kreist jetzt in einer Höhe von etwa 560 Kilometern über der Erde und wird jetzt eine mehrwöchige Indienststellungsphase absolvieren, in der alle Systeme und Instrumente getestet und kalibriert werden.

Details zum Startablauf und zur Trägerrakete finden Sie hier.

Einen Schwerpunkt der Untersuchungen von GLAST, dem Gamma-Ray Large Area Space Telescope, werden die GRBs bilden, die Gamma Ray Bursts". Dabei soll ein Strahlungsbereich mit einer Bandweite überwacht werden, wie es seit dem Ende der Mission COMPTON/EGRET nicht mehr möglich war. Damit wird zum einen eine wichtige astronomische Überwachunglücke geschlossen, zum anderen werden derzeit laufende Missionen wie die des Forschungssatelliten Swift ergänzt. Seinen Vorgänger COMPTON wird es dabei leistungsmäßig erheblich übertreffen.

Das Observatorium verfügt über zwei Instrumente. Das Hauptinstrument LAT, das Large Area Telescope, hat ein sehr grosses Gesichtsfeld von etwa einem Viertel des Gesamthimmels und wird Gammastrahlung mit Energien von etwa zwanzig Millionen eV (20 MeV) bis zu dreihundert Milliarden eV (300 GeV) messen. Zum Vergleich: das sichtbare Licht hat etwa ein eV Energie.

Das zweite Instrument mit der Bezeichnung GBM (GLAST Burst Monitor) wird seine Messungen in einem Energiebereich zwischen 5.000 eV ( 5 keV) und 30 Mega-Elektronenvolt durchführen. Das LAT besteht aus einer Anordnung von übereinander geschichteten Siliziumstreifendetektoren. In ihnen werden die Spuren von Elektronen und Positronen gemessen, die durch Gammaquanten beim Paarerzeugungsprozess gebildet werden. Dabei verwandelt sich die gesamte Energie des Gammaquants in ein Elektron Positron-Paar. Damit ist es möglich, hochenergetische Gammaquellen am Himmel bis auf wenige Bogensekunden genau zu orten.

Der GBM dient als Alarm für den LAT, der sich nach einem registrierten Gammablitz auf dessen Position ausrichtet und nach dem hochenergetischen Nachleuchten, dem "Afterglow" Ausschau hält. Außerdem besitzt der GBM noch zwei Detektoren, die Gammastrahlung im Übergangsbereich der beiden Instrumente zwischen etwa 150 keV und 30 MeV messen können.
Das Leuchtkraftmaximum liegt bei den meisten Gammabursts bei Energien um 250 keV, also weit unterhalb der Energieschwelle des LAT. Ohne den GBM wäre die Bestimmung dieses Leuchtkraftmaximums nicht möglich. Dieser Parameter hängt eng mit der relativen Bewegung von Beobachter und Quelle zusammen und gibt somit Aufschluss über die kosmologische Rotverschiebung und die relativistische Bewegung der emittierenden Teilchen. Für das Verständnis der Energieerzeugung in GRBs ist die Messung dieser Energie von entscheidender Bedeutung.

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

1 Kommentar

  1. GLAST-Artikel

    Hallo Eugen,

    prima, dass Du über den Start und den Beginn der GLAST-Mission berichtest. Wir freuen uns mit dem gesamten Team über den geglückten Start und wünschen allen Beteiligten einen erfolgreichen Verlauf der Mission.

    Was relativ wenig bekannt ist: GLAST ist ein internationales Projekt, an dem neben Wisenschaftlern aus den USA auch Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Schweden beteiligt sind. So hat z.B. das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching wesentlich zum GLAST Burst Monitor (GBM), einem der beiden Instrumente an Bord des Satelliten, beigetragen. Näheres hierzu findet sich in dem Artikel von Giselher Lichti und Andreas von Kienlin in “Sterne und Weltraum”, Mai 2008, S. 40 (Download unter http://www.astronomie-heute.de/artikel/950354; für Abonnenten kostenfrei) oder auf der GBM-Webseite des MPE: http://www.mpe.mpg.de/…struments/glast/GBM/www/.

    Gruß
    Uwe

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