Space Shuttle Trivia

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Während die Raumfähre Atlantis gerade die unwiderruflich letzte Shuttle-Mission des bemannten US-Raumfahrtprogramms unternimmt (Lesen Sie dazu auch “Bittersweet Moments” und “Memories”) wird am Kennedy Space Center bereits ihr Schwesterschiff, die Discovery, ausgeschlachtet und teilweise demontiert. Bilder der ausgeweideten Raumfähre gehen in den USA momentan durch die Medien und lösen dort selbst bei hartgesottenen Shuttle-Gegnern Beklommenheit aus, denn wieder geht ein Stück einstiger nationaler Größe unwiederbringlich verloren.

Hier ein paar Bilder, gewürzt mit einigen manchmal kurios anmutenden Trivias aus der Geschichte der Shuttles:

• Der erste Start eines Shuttle fand am 12 April 1981 vom Kennedy Space Centre in Florida aus statt. Es folgten in den 30 darauffolgenden Jahren 133 weitere Flüge. Mission Nummer 135, seit dem 8. Juli unterwegs, ist die Letzte.

• Einige Male war auch "Prominenz" mit an Bord. Der Republikanische US-Senator Jake Garn war Mitglied der Besatzung der 16. Shuttle-Mission, die mit der Raumfähre Discovery zwischen dem 12. und 19. April die Erde 110mal umkreiste.

• Sultan Salman Al Saud, ein Mitglied des saudischen Königshauses, umkreiste beim 18. Shuttle-Flug, ebenfalls mit der Discovery, zwischen dem 17. und 24. Juni 1985 die Erde 112mal. Er war gleichzeitig auch der jüngste Mensch, der jemals mit dem Shuttle flog. Zum Zeitpunkt seines Starts war er 28 Jahre alt.

• Der demokratische US-Senator George Nelson (Florida) war Mitglied der 24. Shuttle-Mission. Er flog mit der Raumfähre Columbia zwischen dem 12. und 18. Januar 1986 und umkreiste dabei die Erde 98mal. Die Mission, bei der er dabei war, war der letzte Flug vor der Challenger-Katastrophe.

• Hinsichtlich "Prominenz" war auch die 95. Shuttle-Mission zwischen dem 29.10. und 7.11.1998 eine Besonderheit. Prominenter "Gast-Astronaut" an Bord der Discovery war damals John Glenn, der im Jahre 1962 erster Amerikaner im Weltraum war. Danach hatte er für insgesamt vier Amtsperioden (von 1974 bis 1999) das Amt des Senators des US-Bundesstaates Ohio bekleidet und war im Jahre 1976 demokratischer Präsidentschaftskandidat. Zusätzlich zu seinen drei Erdumkreisungen mit seiner Mercury-Raumkapsel kamen noch die 134 aus dem Shuttleprogramm hinzu.

• John Glenn war bei seinem Shuttle-Flug (und ist es bis heute) der älteste Mensch im Weltraum (mit damals 77 Jahren). Er ist außerdem der einzige US-Astronaut, der sowohl im Mercury- als auch im Shuttle-Programm geflogen ist.
 
• Insgesamt wurden sechs Shuttles gebaut: Die Enterprise (die aber nie zu einem Weltraumflug startete und nur für Flugtests in der Atmosphäre verwendet wurde), die Columbia, die Challenger, die Discovery, die Atlantis und die Endeavour.

• Von diesen fünf weltraumtauglichen Shuttles flog die Discovery am öftesten, nämlich 38mal, die Challenger am wenigsten, nämlich 10mal. Ihr fataler letzter Flug dauerte nur 73 Sekunden.

• Die Gesamtkosten des Shuttle-Programms seit 1972 betrugen 196 Milliarden Dollar. Das sind 1,45 Milliarden Dollar pro Flug.

• Insgesamt flogen 355 Astronauten in den fünf raumflugfähigen Shuttles, 307 Männer und 48 Frauen. Die meisten von ihnen mehrmals, manche bis zu sieben Mal. Addiert man nur die Zahl der Personen die bei den einzelnen Missionen dabei waren, kommt man auf 793.

• 14 Astronauten kamen in zwei Shuttles ums Leben. Sieben starben, als die Challenger am 28. Januar 1986 73 Sekunden nach dem Verlassen der Startrampe explodierte.  Sieben weitere starben, als die Columbia am 1. Februar 2003 wegen schadhafter Hitzeschutzkacheln beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühte. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Shuttle-Start ums Leben zu kommen liegt also bei 1:68.

• Der Shuttle war Protagonist zahlreicher Kinofilme. Die bekanntesten sind wohl Armageddon, Top Gear, Space Cowboys und vor allem der James Bond-Film Moonraker (wo der Shuttle mit Rennstreifen bemalt war!). Dieser Film kam bereits zwei Jahre vor dem Erstflug der Raumfähren in die Kinos.

• Die Shuttles haben bei ihren 135 Flügen zusammen etwa dreieindrittel Jahre im Erdorbit verbracht und dabei unseren Planeten fast 21.000mal umkreist.

• Die Strecke, die sie dabei zurückgelegt haben entspricht in etwa einem Flug zum Jupiter. Ein Auto, das mit der deutschen Autobahn-Richtgeschwindigkeit von 130 Kilomtern pro Stunde unterwegs ist, bräuchte für die von den Shuttles zurückgelegt Distanz eine ununterbrochene Fahrzeit von 750 Jahren.

• Der erste Westdeutsche flog mit dem Shuttle in den Orbit, der erste Niederländer, der erste Kanadier, der erste Bürger Saudi Arabiens und der erste Mexikaner.

• Ohne das Space Shuttle Programm würde es die Internationale Raumstation nicht geben. Großteleskope wie Hubble, Compton oder Chandra wären nie in den Weltraum gebracht worden. Raumsonden wie Magellan, Galileo und Ulysses wären am Boden geblieben, das europäische Weltraumlabor Spacelab und die freifliegenden Paletten SPAS und Spartan hätte man ohne den Shuttle nie gebaut und geflogen.

• Beim letzten Start eines Shuttle war auch ein Booster-Element mit dabei, das schon bei der Mission von STS-1 vor mehr als 30 Jahren geflogen war.
 
• Mit dem Stopp 31 Sekunden vor dem Abheben wiederholt sich ebenfalls ein Ereignis des allerersten Fluges, denn auch da gab es genau an dieser Stelle noch einmal einen Halt im Countdown (was insofern nicht vollständig ungewöhnlich ist, weil das im Programm mehrmals vorkam. 31 Sekunden vor dem Start ist die letzte "reguläre" Pause im Countdown möglich).

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

1 Kommentar

  1. Unvermeidlich, wenngleich schmerzhaft

    So könnte man die Situation empfinden, wenn die nun nicht mehr gebrauchten Raumfahrzeuge zur Ausstellung vorbereitet und abgerüstet werden.

    Sicher geht eine bedeutende Ära der bemannten Raumfahrt zuende, die von manchen Schatten, aber auch viel Licht geprägt war. Wir haben viel darüber gelernt, wie Raumfahrt im inneren funktioniert, haben bei der Aufarbeitung der Desaströsen Unfälle erkannt dass auch den Einsichtsfähigkeiten der obersten Führungsebene einer Organisation wie der NASA Grenzen gesetzt sind, und wenn sie nur auf persönlichen Eitelkeiten basieren.

    Wir haben aber auch gelernt, dass man mit solch komplexen Missionen voran kommen kann, Hindernisse überwinden und neue Grenzen setzen.

    Bleibt zu hoffen, dass nach der sicher erforderlichen Neuausrichtung des amerikanischen Raumfahrtprogramms angesichts der äußeren Umstände von Wirtschaftskrise und Geldknappheit neue Missionen kommen werden, die sich würdig an das nun zu Ende gegangene Shuttle-Programm anschließen.

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