Abschied nehmen von TRACE

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Astronomers do it at Night

Praktisch unbemerkt von den Medien hat die NASA einen kleinen aber feinen Satelliten in den Ruhestand geschickt: Zwölf Jahre lang lieferte der Transition Region And Coronal Explorer TRACE fulminante Aufnahmen der Sonnenkorona im fernen UV, die aktive Regionen und koronale Bögen in höchster Auflösung zeigten. Trotzdem stand TRACE aber immer im Schatten des wesentlich bekannteren Solar and Heliospheric Observatory SOHO. Jetzt wurde TRACE endgültig abgelöst – vom Solar Dynamics Observatory SDO.

Wer kennt sie nicht, die Bilder von SOHO? Das Extreme ultraviolet Imaging Telescope EIT liefert seit 1995 alle paar Minuten neue Aufnahmen der Sonnenkorona, die man nahezu in Echtzeit abrufen kann. Mit kräftigen Farben – blau, grün, gelb und rot – sind die vier schmalbandigen Wellenlängenbereiche kodiert, in denen das Instrument beobachten kann. Die rot gefärbten Bilder sind um 304Å zentriert, dort befindet sich die Lyman-α-Linie des einfach ionisierten Heliums. Diese Spektrallinie entsteht bei Temperaturen von etwa 60000 bis 80000 Kelvin in der Übergangszone zwischen Chromosphäre und Korona. Blau, grün und gelb gehören zu den Wellenlängen 171Å, 195Å und 284Å. Bei diesen Wellenlängen liegen Spektrallinien von hochionisiertem Eisen, einmal von Fe IX, dann von Fe XII und schließlich von Fe XV. So stark ionisiert wird das Eisen nur bei Temperaturen die mehr als eine Million Kelvin überschreiten, je höher ionisiert, desto heißer.

Wie eine Perlenkette wirkt diese Zeitserie der Sonnenkorona aufgenommen von SOHO über einen vollständigen 11jährigen Zyklus hinweg.  Image Credit: SOHO EIT Consortium, ESA, NASA

SOHO-Bilder zeigen immer eine Gesamtansicht der Sonne. Und nachdem die Sonnenaktivität nun endlich langsam wieder ansteigt, läßt sich auch so einiges darauf erkennen. Aktive Regionen leuchten hell auf und heißes Plasma, das in den Magnetfeldern eingeschlossen ist, macht Bögen von Magnetfeldern sichtbar, die aus der Sonnenoberfläche hinausragen. Viele solcher Bögen fügen sich zu ganzen Arkaden zusammen, deren Struktur sich innerhalb von Minuten ändern kann, denn die Sonnenoberfläche ist immer in Bewegung, und mit ihr die Magnetfelder. Wenn sich die Magnetfeldlinien neu anordnen, werden explosionsartig große Mengen an Energie freigesetzt, die Aktive Region leuchtet hell auf.

Möchte man sich solche Flare-Ereignisse aber genauer ansehen, stößt man in SOHO-Daten aber schnell an die Grenzen des Auflösungsvermögens. Hier konnte TRACE punkten, denn der kleine Satellit war speziell dafür konstruiert worden, kleinräumige Gebiete auf der Sonnenoberfläche zu beobachten, und das zum einen in den drei "SOHO-Farben" gelb, grün und blau, aber auch bei anderen Spektrallinien und im sichtbaren Licht.

Diese TRACE-Aufnahme ziert die Titelseite meiner Diplomarbeit: Sie zeigt koronale Bögen am Sonnenrand vom 6. November 1999, aufgenommen bei 171Å. Image Credit: NASA/TRACE

TRACE hat zwar auch Scans der Sonne gemacht, bei dem die einzelnen Bilder dann zu einer Gesamtaufnahme der Sonne zusammengepuzzelt wurden, aber viel eindrucksvoller sind die unzähligen Detailstudien der Entstehung und Entwicklung Aktiver Regionen, die man zu Zeitrafferfilmen zusammengefaßt bestaunen kann.

Seit seinem Start am 1. April 1998 hat TRACE unermüdlich Daten gesammelt (die übrigens für alle Welt frei zugänglich archiviert sind), aber inzwischen hat eine neue Generation von Sonnenbeobachtungssatelliten die Arbeit aufgenommen, die sowohl TRACE als auch SOHO an Leistungsfähigkeit übertreffen. Im Oktober 2006 nahm die japanische Sonde Hinode ("Sonnenaufgang"), der Nachfolger der noch vor SOHO gestarteten Sonde Yohkoh ("Sonnenstrahl"), die ersten Röntgenbilder der Sonne auf. Etwa zeitgleich startete die Doppelmission STEREO, die weitaus mehr an wichtigen wissenschaftlichen Daten als die bekannten beeindruckenden 3D-Bilder der Sonnenkorona liefert. Dann, vor knapp drei Monaten, nahm SDO seinen wissenschaftlichen Betrieb auf. Schon die ersten Bilder zeigten die Überlegenheit des neuen Satelliten gegenüber den "alten Hasen" SOHO und TRACE.

First Light von SDO’s Atmospheric Imaging Assembly AIA am 30. März 2010. Das Bild ist Teil einer Zeitserie, die die Entstehung und Entwicklung einer riesigen Protuberanz am Sonnenrand zeigt. Es wurde bei einer Wellenlänge von 304Å aufgenommen. Image Credit: NASA/Goddard/SDO AIA Team

Die letzten drei Monate hat man genutzt um TRACE und SDO so aufeinander abzustimmen, daß die SDO-Daten nahtlos an die von TRACE anschließen. Am 21. Juni 2010 um 23:57 UT endete die wissenschaftliche Mission von TRACE. SOHO dagegen wird noch mindestens bis 2012 weiterarbeiten.

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Astronomin in vielerlei Hinsicht, so könnte man mich mit wenigen Worten beschreiben. Da ist zunächst einmal die Astrophysikerin, die an der Hamburger Sternwarte über die Aktivität von Sternen promoviert und dabei hauptsächlich mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton gearbeitet hat, aber auch schon am Very Large Telescope in Chile beobachten durfte. Auslöser ihres beruflichen Werdegangs war ein engagierter Lehrer, dessen Astronomie-AG sie ab der 7. Klasse besuchte. Ungefähr zur selben Zeit erwachte auch die Hobbyastronomin, die anläßlich des Einschlags des Kometen Shoemaker-Levi 9 auf den Jupiter begann, mit einem russischen Feldstecher vom Flohmarkt den Tanz der Jupitermonde zu verfolgen. Heutzutage freut sie sich über jede Gelegenheit, mit ihrem 16-zölligen Dobson tief im Odenwald fernab der Lichter der Rheinebene auf die Jagd nach Deep-Sky-Objekten zu gehen. Und da Amateurastronomen gesellige Wesen sind, treffe ich mich gerne mit Gleichgesinnten, zum Beispiel zum gemeinsamen Beobachten. Auch nach meinem Umzug von der Großstadt Hamburg in das schöne Universitätsstädtchen Heidelberg halte ich engen Kontakt zu meinen Vereinskameraden von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie und dem Astronomieverein meiner Jugend, dem Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck. Seit einigen Jahren bin ich außerdem in dem Internetforum Astrotreff aktiv, wo ich Teil des Moderatorenteams bin. Um meine Faszination an der Astronomie an andere weitergeben zu können, besonders an Kinder und Jugendliche, habe ich mich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, habe populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Schülergruppen betreut, die in Hamburg das Institut besucht haben. Diese Leidenschaft habe ich nun zu meinem Beruf gemacht. Hier in Heidelberg arbeite ich in einem kleinen aber feinen Team am Haus der Astronomie. Hiermit lade ich Sie ein, lieber Leser, an all diesen Facetten meines Astronomendaseins teilzuhaben. Mal witzig, mal spannend oder nachdenklich, manchmal auch persönlich oder mit Aha-Effekt. Carolin Liefke

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