Astronomische Jahrbücher 2009

BLOG: Clear Skies

Astronomie mit eigenen Augen
Clear Skies

Wer keine Himmelsereignisse verpassen und sein Amateurteleskop effektiv nutzen möchte, informiert sich anhand astronomischer Jahrbücher. Ich stelle hier vier aktuelle Himmelsalmanache vor. Dieser Beitrag erschien ursprünglich in "Sterne und Weltraum" 1/2009 und ich präsentiere ihn hier in modifizierter Form, quasi als "Director´s Cut". 😉

Wir befinden uns im "Internationalen Jahr der Astronomie"! Endlich ein Jahr, in dem die Astronomie ins Rampenlicht der Öffentlichkeit rückt: Die Erfindung des Teleskops begründete vor 400 Jahren die neuzeitliche astronomische Forschung, weshalb die UNO 2009 zum "Internationalen Jahr der Astronomie" deklarierte. Auch die hier aufgeführten Jahrbücher weisen – mehr oder weniger ausführlich – auf Veranstaltungen hin, die über das Jahr spannende Einblicke in die aktuelle Himmelsforschung gewähren, und Lust wecken, den Sternhimmel mit eigenen Augen zu erkunden.

Klaus-Peter Schröder, Oliver Montenbruck, Uwe Reichert:
Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2009
Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft, Heidelberg, 2008. 194 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen und Grafiken. ISBN 978-3938639955. Kartoniert 9,80 €

Der 2009er-Jahrgang des von der Redaktion "Sterne und Weltraum" produzierten Ahnert kommt mit einigen dezenten Neuerungen, die seinen Nutzwert erhöhen. Der Umfang jedes Monatskapitels beträgt nach wie vor 10 Seiten – die Struktur ist jetzt übersichtlicher: Der astronomische Terminkalender ist an den Anfang gerückt und zeigt die wichtigsten Himmelsereignisse des Monats im Überblick. An zwei Abschnitte zum Lauf des Mondes und der Planeten schließt jeweils eine Doppelseite mit Ephemeriden an. Dieses Tabellenwerk ist nun geordneter gestaltet und besser lesbar. Über die fernere kosmische Nachbarschaft berichten die Abschnitte zum Sternhimmel des Monats und zu besonders lohnenden Deep-Sky-Objekten. Das Monatsthema bildet den Abschluss jedes Monatskapitels. Durchweg handelt es sich um praktische Beobachtungstipps zu Himmelsereignissen, die jeder mit eigenen Augen bewundern kann. Einzig die Bedeckung der Kleinplaneten Vesta und Antares durch den Mond – die am Tag stattfindet! – fällt etwas aus dem Rahmen, spornt aber umso mehr dazu an, am Morgen des 18. August 2009 eher aufzustehen und auf klaren Himmel zu hoffen. Zwar ist der Ahnert durch sein Magazinformat nicht für taureiche Beobachtungsnächte geschaffen, doch bietet er durch seine bewährte Kombination aus großformatigen Astrofotos, Grafiken und Sternkarten, praxisnahen Texten sowie ausführlichen Datensammlungen mehr, als von einem guten Jahrbuch zu erwarten ist, nämlich pures Lesevergnügen. Ehrlich gesagt nervt mich seit Jahren das in Foren und Leserbriefen geäußerte Gejammer über das Magazinformat des Ahnert. Wer den alten Ahnert im gebundenen Din-A-5-Format kennt und ihm nachtrauert, hat zumeist noch keinen Blick in dieses wirklich schöne und brauchbare Jahrbuch geworfen, das von Jahr zu Jahr besser geworden und für den 2009er-Jahrgang – übrigens mit neuem Team – besonders viele Stellschrauben hin zum Besseren, Brauchbareren und Übersichtlicheren gedreht hat.

Hans-Ulrich Keller, Erich Karkoschka:
Kosmos Himmelsjahr 2009
Sonne, Mond und Sterne im Jahreslauf
Franck-Kosmos-Verlag, Stuttgart, 2008. 298 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen und Grafiken. ISBN 978-3440113509. Broschiert 14,95 €

Mit der Ausgabe für 2009 liegt der 100. Jahrgang bzw. der 99. Band des Kosmos Himmelsjahrs vor. Die Autoren dieses Jahrbuchs sind stets mit der Zeit gegangen und haben – den Nutzer des Buchs im Blick – immer wieder Kleinigkeiten im Inhalt bzw. in der Gestaltung verändert. Dies mag einer der Gründe für die lange Tradition dieses "Bestsellers" unter den astronomischen Jahrbüchern sein. Das Himmelsjahr präsentiert sich nun in der zweiten Ausgabe in aufgeräumtem Layout und mit einem neuen Einstieg: Jedes der Monatskapitel wird mit einem Kalender eröffnet, der die wichtigsten Ereignisse sowie die Mondphasen sehr anschaulich aufzeigt. Es folgen bildliche Darstellungen von Tages- und Nachstunden sowie Tabellen zum Sonnen- und Mondlauf. Der Planetenlauf wird detaillierter dargestellt, als in früheren Ausgaben. In den Beschreibungen des Monatshimmels wird jeweils ein Sternbild ausführlich dargestellt. Die bewährten Monatsthemen, welche jedes Kapitel abschließen, greifen aktuelle Gegenstände aus allen Bereichen der Astronomie auf und laden zum Schmökern ein. Über die Jahre ergeben die Monatsthemen eine beachtliche Sammlung lesenswerter astronomischer Artikel. Die Ephemeriden im Anhang zeigen Daten in 5-Tages-Schritten. Abgeschlossen wird das Himmelsjahr durch eine Adress-Sammlung von Astronomischen Instituten, Planetarien, Vereinigungen, Volkssternwarten etc., die dem Leser viele Kontaktmöglichkeiten bietet. Beim Kosmos Himmelsjahr verbinden sich hoher Nutzwert und kurzweilige Lektüre. Wir dürfen gespannt sein, was sich der Kosmos-Verlag Besonderes für den hundertsten Band einfallen lassen wird, das Kosmos-Himmelsjahr 2010.

Robert A. Naef, Hans Roth, Justina Engelmann
Der Sternenhimmel 2009
Astronomisches Jahrbuch für Sternfreunde
Franck-Kosmos-Verlag, Stuttgart, 2008. 351 Seiten mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Abbildungen und Grafiken. ISBN 978-3440113479. Gebunden 26,90 €

Wie ein Fels in der Brandung trotzt "Der Sternenhimmel" seit nahezu 70 Jahren den Entwicklungen am Markt astronomischer Almanache. Viele gute und weniger gute Jahrbücher hat dieser seit 1975 vom Schweizer Studienrat Hans Roth herausgegebene Klassiker schon erlebt bzw. überlebt. Seit einigen Jahren erscheint dieses Werk im Kosmos-Verlag. Von den hier vorgestellten Jahrbüchern ist "Der Sternenhimmel" das teuerste und gleichsam das puristischste. Durchgängig schwarz-weiß werden Himmelsereignisse tageweise und lückenlos erläutert. Keines der hier besprochenen Jahrbücher bietet ausführlichere Daten als dieses. Viele interessante Himmelsereignisse, die hier aufgeführt sind, sucht der Leser anderswo vergeblich. Grafiken finden sich nur wenige, sie sind aber allesamt praxisorientiert. Kleinplaneten sind anhand guter Tabellen und Karten dargestellt, brauchbarer als in den anderen Jahrbüchern. Ein ausführlicher Anhang rundet das Jahrbuch ab: Hier finden sich u.a. Adressen von Sternwarten, astronomischen Instituten oder amateurastronomischen Vereinigungen im deutschsprachigen Raum. Ähnlich wie im "Himmelsjahr" bietet diese Adress-Sammlung wertvolle Kontaktmöglichkeiten. Wer dieses Jahrbuch stets aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch liegen hat, der freut sich über ein Detail besonders: Ein schwarzer Streifen am Seitenrand zeigt jene Tage an, an denen abends kein Mondlicht die Beobachtungen stört. Für die optimale Planung von Beobachtungsnächten ist ein Jahrbuch mit tageweise aufgefächerten Daten durch nichts zu ersetzen, weshalb dieser Himmelsalmanach hoffentlich niemals vom Markt verschwinden wird. Ich habe mich mit älteren Ausgaben dieses Jahrbuchs nicht einfach getan; es dauerte einige Zeit, bis ich den Wert dieses Werks zu schätzen lernte. Und nun ist es (leider!) konkurrenzlos geworden, seitdem der Oculum-Almanach "Das Astronomische Jahr" bereits nach zwei Ausgaben 2007 und 2008 wieder eingestellt wurde.

Hermann-Michael Hahn, Justina Engelmann
Was tut sich am Himmel 2009
Mondphasen, Planeten, Sternbilder
Franck-Kosmos-Verlag, Stuttgart, 2008. 96 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen und Grafiken. ISBN 978-3440113462. Broschiert 7,95 €

Ein Miniatur-Jahrbuch liegt mit dem kleinsten und jüngsten Spross der Himmels-Almanache aus dem Kosmos-Verlag vor. Konzipiert ist dieses Büchlein "für die Westentasche", wie es im einleitenden Text heißt. Für jeden Monat gibt es eine Doppelseite mit einer kalendarischen Übersicht, die neben den Mondphasen und einigen wichtigen Ereignissen Angaben zur Planetensichtbarkeit darstellt. Der Leser erfasst mit einem Blick, wann welcher der mit bloßem Auge sichtbaren Planeten am Firmament zu sehen ist. Einige wichtige Himmelsereignisse fehlen in dieser Übersicht; Raum ist in diesen Tabellen ausreichend vorhanden. Der Lauf der Planeten wird auf der anschließenden Seite mit wenigen Worten erläutert. Eine weitere Seite widmet sich dem "Beobachtungstipp des Monats". Die Monatssternkarten sind durch das schmale Buchformat etwas klein geraten. Diese Karten und kleine Texte zum Sternhimmel des Monats finden sich auf den Kapitelseiten sechs und sieben. Insgesamt ist dieses Jahrbuch zu dünn geraten und es stellt sich die Frage, warum es pro Monat nur sechs und nicht zehn Seiten oder mehr gibt. Vielleicht will sich der Kosmos-Verlag keine Konkurrenz zum "Himmelsjahr" im eigenen Haus schaffen. Zu bedenken ist freilich: Das Himmelsjahr kostet weniger als das Doppelte dieses Jahrbuchs und bietet dafür erheblich mehr an Inhalt und Nutzwert als dieses "Taschenjahrbuch". Wer auf das günstigste der hier besprochenen Jahrbücher zurück greift, darf keinen allzu großen Tiefgang erwarten. Der praktische Nutzwert ist begrenzt und zum Schmökern hat dieser Almanach nicht viel zu bieten. Und ob der Leser den Sternhimmel nach Lektüre dieser Miniatur dann auch "wie seine Westentasche" kennt, sei dahin gestellt.

Der Markt astronomischer Jahrbücher ist bedauerlicher Weise übersichtlich geworden. So verschwand u.a. das sehr brauchbare – weil tageweise differenzierende – Jahrbuch aus dem Oculum Verlag bereits nach zwei Ausgaben wieder und erscheint für 2009 leider nicht mehr. Ich hoffe sehr, dass diese Lücke zwischen "Ahnert" und "Himmelsjahr" auf der einen Seite und dem "Sternenhimmel" auf der anderen Seite wieder geschlossen wird und "Das Astronomische Jahr" für 2010 eine Renaissance erleben wird. Ein ebenfalls sehr schönes Jahrbuch lag bereits für 2008 nicht mehr vor: Jenes von Guillaume Cannat: Sterne • Mond • Planeten, Himmelsjahrbuch 2007. Es handelte sich um ein aus dem Französischen übertragenes Jahrbuch, vorgelegt vom Delius Klasing Verlag. Fünf Jahre lang erschien es und wandte sich vor allem an Anfänger. Das Besondere dieses gut illustrierten Jahrbuchs: Seine unglaublich schöne Sprache! Sie war anschaulich und elegant, manchmal fast poetisch, immer jedoch kurzweilig. Hin und wieder blinkte der Humor des Autors durch die Zeilen, wenn er zum Beispiel im 2007er-Jahrgang zur himmlischen Begegnung von Mond, Venus und Saturn in den frühen Morgenstunden des 7. Oktober 2007 den weltlichen Anreiz für das zeitige Aufstehen gab, sich doch bei dieser Gelegenheit gleich noch besonders frische Croissants zu besorgen. Ausgefeilte Sprache und Humor sind leider Mangelware in vielen wissenschaftlichen Publikationen, die im deutschsprachigen Raum erscheinen. Schade eigentlich. Und rätselhaft dazu.

Wie nun sind die vier oben besprochenen astronomischen Jahrbücher einzuschätzen? Jedes der vier Jahrbücher hat seine Leserschaft und seine Berechtigung, zumal die Konzepte der vier Almanache sich deutlich voneinander unterscheiden. Über die wichtigen oder gar spektakulären Himmelsereignisse berichten freilich alle Jahrbücher gleichermaßen. Wer allerdings auch die weniger spektakulären – damit aber nicht weniger spannenden – Himmelsereignisse mit eigenen Augen erleben möchte, ist gut beraten, mehrere Almanache gleichzeitig zu konsultieren. Ich fahre seit vielen Jahren so und habe damit schon so manches Himmelsereignis erleben können, das ich bei ständiger Lektüre nur eines einzigen Jahrbuchs mit Sicherheit verpasst hätte. Jedes Jahrbuch hat andere Ereignisse im Fokus, denen eines gemeinsam ist: Sie lohnen, beobachtet zu werden und das im "Internationalen Jahr der Astronomie" ganz besonders.

Clear Skies

Stefan Oldenburg

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Astronomische Themen begeistern mich seit meiner Kindheit und ich freue mich, Zeuge des goldenen Zeitalters der Astronomie zu sein. Spannende Entdeckungen gibt es im Staccatotakt, aber erst im Erkunden unserer kosmischen Nachbarschaft mit den eigenen Augen liegt für mich die wirkliche Faszination dieser Wissenschaft. "Clear Skies" lautet der Gruß unter Amateurastronomen, verbunden mit dem Wunsch nach guten Beobachtungsbedingungen. Deshalb heißt dieser seit November 2007 bestehende Blog "Clear Skies".

1 Kommentar

  1. Braucht man ein Jahrbuch ?

    … wird immer wieder gefragt. Und tatsächlich: es wird dünner für die Jahrbücher. Man sieht es am Schwund der Arten und wohl auch an den Verkaufszahlen. Für vorhersagbare Ereignisse gibt es mittlerweile massenhaft gute Webseiten, aber auch exzellente Software, die alles was ein Jahrbuch an Informationen bietet, weit in den Schatten stellt. Für unvorhersagbares ist das Internet noch unentbehrlicher und geradezu prädestiniert. Neue SNe, neue Kometen, etc… all das erfährt man am besten im Netz. Und dort hält man sich ja sowieso auf, weil man in Foren mitliest (oder in Blogs 🙂 und dort evtl auf etwas Neues hingewiesen wird…

    Meine Schlussfolgerung ist also: sicher sind Jahrbücher nett für den ‘Anfang’, zur grundsätlichen Orientierung, als netter Begleiter ins Land der Astronomie – aber je mehr und je länger man sich mit Astronomie beschäftigt, desto mehr geraten sie in den Hintergrund. Auch ich las (vor 20+ Jahren) jahrelang den alten Ahnert, aber – selbst wenn es in noch in der alten Form gäbe – ich bräuchte ihn einfach nicht mehr. Es tut mir irgendwo leid um ihn (und die anderen – auch ich liebe gedruckte Bücher!), aber Software/Internet sind heute konkurrenzlos in Angebot, Verfügbarkeit, Preis, Geschwindigkeit, Funktions- und Informations-Fülle. Zumindest ist das meine persönliche Sicht. Und man sollte es beim Thema Jahrbücher ruhig mal dazusagen… 🙂

    Dennoch nichts für ungut + schöne Grüsse,
    Peter

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