Der “hochgeheime” HiROS-Satellit: Enthüllt durch Wikileaks?

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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In den letzten Tagen verursachte die Nachricht, dass das deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR angeblich in Zusammenarbeit mit dem US-Militär und natürlich ganz hochgeheim Spionagesatelliten namens HiROS planen soll, erhebliches Rascheln im Blätterwald.

Diese Nachricht soll aus von Wikileaks veröffentlichten Depeschen von der US-Botschaft in Berlin hervorgehen. Eine Menge Print- und elektronischer Medien sind gleich auf den Wagen aufgesprungen, offenbar ohne nachzufragen.

Beispiele: SpaceDaily, SPON, Süddeutsche. Auch die Zeit lehnt sich ziemlich aus dem Fenster.

Tja – wie immer bei solchen Nachrichten, zu denen gleich jeder eine Meinung hat, stellt sich zuerst die Frage: Stimmt das überhaupt? Der Leiter des DLR, Professor Wörner, hat diese Darstellung umgehend dementiert. Nun gut, die Tatsache, dass sich einer äußert, der es wissen muss, wird allein noch nicht jeden überzeugen.

Aufschlussreich finde ich, wie viele detaillierte Daten über die Planung des HiROS-Systems zur Verfügung stehen, einige schon seit langem, so wie dieses Dokument von Mitarbeitern des Instituts für Robotik und Mechatronik des DLR, auf dem Server des Instituts für Photogrammetrie der Uni Stuttgart vom September 2009. Eine erstaunliche offene Darlegung von technischen Details. Hochgeheime militärische Projekte stelle ich mir da doch etwas anders vor.

Dass solche Bilddaten auch von militärischem Interesse sein können, wird da keineswegs verschwiegen, Stichwort “Dual Use Applications” auf Seite 20 des DLR-Dokuments. Um das herauszubekommen, bedurfte es also keineswegs eines Whistleblowers. Googeln hätte schon gereicht. Was für eine Neuigkeit – Erdbeobachtungsdaten sind auch für Militärs interessant! Wow! Stop the Press! Das gehört auf jeden Fall auf die Titelseite!

Mittlerweile scheinen die Journalisten sogar einhellig der Meinung zu sein, dass es sich bei HiROS um “Spionage-Satelliten” handelt, ohne dass jemand dafür ein wirkliches Argument geliefert hätte. Alle anderen behaupten das, also muss es stimmen. Wenn man eh schon die Sau ‘rausgelassen hat, kann man sie auch gleich noch ein bisschen weiter durchs Dorf treiben.

Besonders phänomenal ist das optische Auflösungsvermögen des vorgeschlagenen und anscheinend auch schon wieder eingestellten HiROS-Sytems allerdings nicht, wie der Vergleich mit anderen, bereits existierenden Systemen zeigt (siehe Seite 5 im DLR-Dokument). Wie denn auch – bei einer Systemmasse des Gesamtsatelliten von nur 820 kg kann man eben von der Optik keine Wunder erwarten. Entweder man baut kleine, billige Erdbeobachtungssatelliten, deren optisches System klein genug ist, damit das ganze Paket auf eine kleine Rakete vom Typ VEGA passt. Das wären Satelliten der HiROS-Art, aber von der Sorte gibt es eine Menge, auch schon von privaten Unternehmen, zum Beispiel die, die ich unten unter “Weitere Information” verlinkt habe. 

Oder man baut wirkliche Spionagesatelliten, mit denen man etwas anfangen kann. Die spielen, was Dimensionen, Masse und Kosten angeht, in einer ganz anderen Liga als HiROS. Mit den Spionagesatelliten der Keyhole-Serie der USA könnten sich die HiROS-Satelliten nicht einmal ansatzweise messen. Die operieren mittlerweile mit Spiegeldurchmessern von 4 bis zu 3.2 Metern und sind so groß und schwer, dass sie mit Schwerlastraketen gestartet werden müssen.

Fazit

Das Gerede von “Spionagesatelliten” entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Die Journalisten hätten nicht nur unkritisch voneinander abschreiben, sondern lieber etwas eigene Recherche betreiben sollen. Dabei hilft eine andere Internetgröße, von der in letzter Zeit viel die Rede war. Vorischt: Wenn etwas im Blätterwald rauscht, sollte man die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass es sich nur um einen Papiertiger handelt.

Die Spezifikation und das geplante Aufgabengebiet des Systems HiROS unterscheiden sich nicht von üblichen Erdbeobachtungssatelliten, wie sie kommerzielle Anbieter schon seit Jahren betreiben. Diese verrichten, neben der Bereitstellung von Daten für diverse alltägliche Anwendungen, auch nützliche Dienste im Katastrophenschutz. Können Sie sich vorstellen, wie ein Rettungseinsatz wie der in Haiti ohne solche Satellitenbilder geplant und durchgeführt werden sollte? Ich nicht.

Folgende Anmerkung halte ich für angebracht

Die Pixelauflösung einer Aufnahme wird oft mit der Minimalgröße der darin erkennbaren Objekte verwechselt. Bei HiROS ist von einer “GSD” von 0.5 m die Rede. GSD ist die Abkürzung für Ground Sample Distance, also die Größe des in einem Pixel dargestellten Bereichs auf der Erdoberfläche. Das bedeutet keinesfalls, dass man auch Objekte dieser Größe in den Bildern entdecken kann. Als Faustregel gilt, dass ein Objekt etwa 3 Pixel groß sein muss, um überhaupt wahrnehmbar zu sein. Um detailliert wahrnehmbar zu sein, muss es sich natürlich über noch wesentlich mehr Pixel erstrecken und deswegen nochmals wesentlich größer sein. Mehr zum Thema Auflösungsvermögen hier.

Populäre Vorstellungen von Satelliten, die die Schlagzeilen von Zeitungen entziffern können, kann man getrost ins Reich der Fabel verweisen. HiROS hätte aber ohnehin auf gar keinen Fall zum Kreis der Satelliten gehört, denen man üblicherweise solche Leistungen andichtet.

Weitere Information

Datenblatt des Satelliten WorldView-1 der Firma DigitalGlobe, hier auch als PDF. Der Satellit wurde 2007 gestartet und hat eine mit HiROS vergleichbare Leistungsfähigkeit

Datenblatt zum Satelliten WorldView-2 von DigitalGlobe, gestartet 2009. Rechts auf der verlinkten Webseite sind Links zu PDF-Dateien mit weiteren detaillierten Informationen, auch zu den generierten Produkten. Aber psst, nicht weitersagen – dies muss wohl ein hochgeheimer Spionagesatellit sein, denn seine technischen Parameter sind denen der HiROS-Satelliten sogar etwas überlegen.

Fact Sheet des optischen Erdbeobachtungssatelliten GeoEye-1, gestartet 2008, Das Auflösungsvermögen (GSD) dieses Sytems liegt bei 0.41 m, also auch etwas besser als HiROS.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

18 Kommentare

  1. Militärische Arbeitsteilung

    Tatsächlich scheint sich in Europa schon allein aus Kostengründen eine Aufgabenteilung im Bereich der militärischen Aufklärungssatelliten abzuzeichnen. Während Frankreich, aufbauend auf seinen erfolgreichen SPOT Satelliten, die im optischen Bereich arbeitenden HELIOS Satelliten betreibt, hat Deutschland auf Grund seiner Erfahrung mit Weltraumradars fünf militärische SAR-LUPE Radar-Satelliten im All (zusätzlich zu den beiden zivilen TerraSarX und TANDEM X, die unter anderem auch für “spezielle Aufgaben im Bereich der nationalen Sicherheit” zur Verfügung stehen). Es scheint auch Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich betreffs des Austausches von Daten der unterschiedlichen militärischen Satellitensysteme zu geben.

    Die Technik der SAR-LUPE Satelliten scheint nicht allzu geheim zu sein und auch die Bahnelemente der fünf Satelliten sind direkt vom US-SpaceCommand im Internet verfügbar (aber die Bahnelemente der französichen HELIOS-Satelliten sind seit über einem Jahr geheim und nur durch Amateurbeobachter öffentlich bekannt).

  2. Mals schaun

    > Das Gerede von “Spionagesatelliten” entbehrt jeder sachlichen Grundlage.

    Was wären die Alternativen?
    – Wissenschaftsmission – noch unwahrscheinlicher.
    – Kommerzieller Vertrieb von Bildern? Ebenfalls unwahrscheinlich, da sich dieses Geschäftsmodell derzeit nicht trägt – die von dir “kommerziell” genannten Anbieter von Bilddaten mit vergleichbarer Auflösung machen allesamt den Großteil ihres Umsatzes mit den entsprechenden Spionagebehörden ihres Landes.

    Unabhängig davon definiert sich die Bezeichnung als Spionagesatellit nicht durch die Auflösung, sondern durch den Einsatzzweck. Und der hängt davon ab, was der Auftraggeber damit machen möchte.

    Bei Hiros ist also eher die Frage, ob es einen entsprechend finanziell ausgestatteten Auftraggeber gibt, der die Finanzierung übernimmt, oder ob es nette DLR-Präsentationen bleiben.

  3. Antworten

    @Gerhard: Die Struktur der militärischen weltraumgestützten Aufklärung durch die Systeme Helios und SAR-LUPE ist ein anderes Thema. Bezeichnend ist bei SAR-LUPE allerdings, wie die Auftragsvergabe erfolgt, nämlich vom Verteidigungsministerium und vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung – und nicht unter Einbeziehung des DLR.

    Der Hinweis auf zivile Radarsatelliten des DLR ist allerdings passend – zivile Erdbeobachtung ist eben ein ganzes Stück weit mit der militärischen vergleichbar. Das gilt bei Radar genau so wie bei der optischen Vermessung. Das ist allerdings bei Wettersatelliten oder Kommunikationssatelliten genauso. Auch dort gibt es militärische und zivile Satelliten. Ich gehe davon aus, dass HiROS den Versuch darstellte, die im militärischen Bereich erfolgreiche kombinierte Erdbeobachtung auf den zivilen bereich auszudehnen, durch Parallelnutzung von Radarsatelliten und multispektralen optischen Kamerasatelliten.

    @Max: Was das DLR mit HiROS vorhatte, ist kein Geheimnis, auch wenn die Presse versucht, daraus eins zu machen. Eine kommerziell erfolgreiche Nutzung muss nicht die Zielrichtung einer nationalen Raumfahrtagentur sein. Diese hat den Auftrag der Technologieentwicklung und der wissenschaftlichen Datenerhebung und unterscheidet sich dadurch von kommerziellen Unternehmen.

    Die vorgesehene Aufgabe des HiROS-Systems soll sein, das, was heute mit Luftbildern aus Flugzeugen gemacht wird, zumindest teilweise mit multispektralen Satelliten durchzuführen. Die Dual-Use Nutzung wird dabei ausdrücklich angesprochen – jede Art von Erdbeobachtung ist für Militärs interessant und wenn gerade kein aktuelles Bildmaterial militärischer Erkundungssatelliten vorhanden ist, wird man dort vermutlich auf Material wissenschaftlicher oder kommerzieller Satelliten zurückgreifen. das mag man bedauern oder auch nicht, es ist nun einmal so, aber das macht aus einem solchen Projekt noch lange keinen “geheimen Spionagesatelliten”.

  4. Es geht doch um was anderes …

    Der Satellit war nie geheim. Das ist nicht die Neuigkeit. Damit ist natürlich auch genau genommen die Formulierung “Geheimer Spionagesatellit” falsch. So falsch ist sie aber auch nicht …

    Die Neuigkeiten sind, dass

    a) der *primary* customer der BND ist (also nix erstrangig Landwirtschaft oder Ähnliches) und
    b) den USA Nutzungsmöglichkeiten angeboten wurden (auch wenn nicht klar ist, dass es dabei um Geheimdienste geht, es kann ja auch um kommerzielle Nutzung gehen. Leider ist das Cable bei Aftenposten nicht mehr online und ich kann die genau Formulierung nicht mehr nachlesen).

    Und weil das ganze so unkritisch ist, haben sich die Franzosen aufgeregt, weil ihnen der Verlust der “optischen Datenhoheit” in Europa droht?!?

    Nein, es nicht der supergroße Skandal, den die Presse daraus macht. Sondern das in der Politik übliche Vorgehen, etwas anderes sagen als man plant …

  5. @egghat: Bitte um Beleg

    Leider ist das Cable bei Aftenposten nicht mehr online und ich kann die genau Formulierung nicht mehr nachlesen).

    Was ist nicht mehr online? In diesem Artikel, rechts unter “relatert” scheinen doch die relevanten Depeschen verfügbar zu sein.

    http://www.aftenposten.no/…ks/article3969990.ece

    der *primary* customer der BND ist (also nix erstrangig Landwirtschaft oder Ähnliches)

    Und das steht genau wo? Interpretationen interessieren mich weniger. Ich will die Quelle sehen.

    Hier steht nur:

    http://www.aftenposten.no/…er/article3969915.ece

    “The BND is adamant that HiROS include infrared imaging capabilities and that they have priority tasking on at least three HiROS satellites.”

    Das ist aber etwas deutlich anderes als “primary customer”, also Hauptbezieher der Daten zu sein.

    Und weil das ganze so unkritisch ist, haben sich die Franzosen aufgeregt, weil ihnen der Verlust der “optischen Datenhoheit” in Europa droht?!?

    So steht’s zumindest in den zitierten Depeschen, auf die sich doch angeblich alle berufen (ob alle, die sich darauf berufen haben, sie auch gelesen haben?)

    http://www.aftenposten.no/…er/article3969917.ece

    “[…] the Government of France (GoF) will use its influence in Astrium — as the majority share holder — to halt development of HiROS in order to protect French commercial EO ambitions.[…]”

    http://www.aftenposten.no/…er/article3969919.ece

    “[…] but the decision remains politically contentious. HiROS Achilles, heel has been a lack of German interagency agreement in the face of heavy French political opposition, who are concerned that HiROS would directly compete with French commercial imagery satellites.”

    Zum Interesse des deutschen Militärs lese ich Folgendes:

    http://www.aftenposten.no/…er/article3969919.ece

    “[…]resistance remained within the Ministry of Defense (MOD). Eckardt hinted that senior MOD officials may try to steer the Chancellery away from HiROS, due to political ties with the French.”

    Also entstammt das Programm nicht dem deutschen Verteidigungsministerium – das ist sogar dagegen. Interessant.

    Dass es hier um ein verkapptes Spionagesystem handelte und dass sich die Franzosen aus militärischen Gründen dagegen wandten, entnehme ich den verfügbaren Dokumenten nicht, sondern das Gegenteil. Vielleicht haben Sie ja andere Informationen.

  6. “dass sich die Franzosen aus militärischen Gründen dagegen wandten,” habe ich nicht geschrieben.

    “HiROS Achilles, heel has been a lack of German interagency agreement in the face of heavy French political opposition, who are concerned that HiROS would directly compete with French commercial imagery satellites. “

    Ansonsten fehlen sehr wohl Cables. Das beim Fefe verlinkte Cable mit dem “primary customer BND” ist nicht mehr da und auch die bei der Zeit ( http://www.zeit.de/…chland-usa-spionage-satellit ) verlinkten Cables fehlen teilweise.

    Auf der Datenbasis ist die Nummer nicht diskutierbar … Nur weise ich darauf hin, dass sich die Medien (auch Fefe, Zeit) den BND Zusammenhang nicht aus den Fingern gesaugt haben. Das stand da schon … Es könnte in http://www.aftenposten.no/…ks/article3969913.ece gewesen sein, aber ich habe das leider nicht gespeichert …

  7. @egghat: Schon gut

    Ach so, Fefe und die Zeit, na, das sind ja mal verlässliche, informierte Quellen.

    “dass sich die Franzosen aus militärischen Gründen dagegen wandten,” habe ich nicht geschrieben.

    Nein, Sie haben nur Zweifel angemeldet, dass es den Franzosen darum geht, ihre “Datenhoheit” zu sichern. Dabei ergibt sich aus den Depeschen, soweit sie verfügbar sind, genau und wörtlich dieser Sachverhalt: Den Franzosen geht es die Wahrung ihrer kommerziellen Interessen in einem Bereich, in dem sie in Europa ein de-facto-Monopol besitzen. Das steht da so drin.

    Zur Rolle des BND zieht man sich warscheinlich an diesem Dokument hoch:

    http://www.aftenposten.no/…er/article3969913.ece

    Reichlich vage und auch mit unklarer Quelle. Erstaunlich einerseits -dies gilt generell -, wie sehr jedermann bereit ist, ungenannten Quellen aus US-Regierungskreisen Glauben zu schenken, wenn es einem in den Kram passt, und andererseits denselben Quellen grundsätzlich weitestgehende Uninformiertheit zu unterstellen. Dieser geistige Spagat scheint ein Merkmal der deutschen Presselandschaft zu sein.

    Obiges Dokument zeigt aber auch etwas anderes, worauf erstaunlicherweise (oder vielleicht auch gar nicht erstaunlicherweise) gar niemand Bezug nimmt: dass nämlich gerade bei der Spezifikation dessen, was das System können soll, peinlich genau darauf geachtet wurde, in den Grenzen dessen zu bleiben, was für kommerzielle Anwendungen akzeptabel erscheint, selbst wenn militärische Interessen höhere Leistungen favorisieren.

    Die ITAR-Regeln der US-Regierung, die man offenkundig nicht verletzen wollte, sind ziemlich penibel, sogar schon paranoid, wenn es darum geht, was für andere Stellen von militärischem Nutzen sein kann. Wenn selbst nach den ITAR-Regeln 50 cm Auflösung noch akzeptabel sind, dann ist wohl davon auszugehen, dass ein solches System keinen effizienten Spionagesatelliten darstellt.

  8. Na, das ist auch noch nicht dass mit dem Primary customer BND.

    Aber ist schon gut. Die anderen saugen sich alles aus den Fingern und hier steht die Wahrheit. Wenn man die anderen kritisiert, sollte man die Quellen, auf die sich die anderen beziehen, IMHO auch verlinken. Ansonsten wird das ein genau so einseitiges Bild, wie die Medien es auch abliefern.

    Ernsthaft: Ich fand die Relativierung hier informativ und nützlich, aber wenn’s ums Rechtbehalten geht, dann viel Spaß dabei …

    Dass in den Cables am Ende auch nur Müll stehen kann, ist schon logisch (wenn auch ein Todschlagargument).

    Aber weder die BND-Verbindungen noch die Zusammenarbeit (oder wie man das auch immer nennen soll) wie die Konflikte mit Frankreich haben sich die Medien ausgedacht oder reininterpretiert, sondern das steht schon so in den Cables.

    Was auch immer das zu bedeuten hat …

  9. Kaum zu glauben

    “Die operieren mittlerweile mit Spiegeldurchmessern von 4 Metern”

    Sind das wirklich vier Meter? Das kommt mir ein bisschen viel vor. Ich dachte Herschel mit 3,5 Metern sei der Rekordhalter oder habe ich da was falsch verstanden?

  10. @egghat

    Wenn man die anderen kritisiert, sollte man die Quellen, auf die sich die anderen beziehen, IMHO auch verlinken.

    Das würde ich tun, wenn ich sie hätte. In den Artikeln von Fefe zeigen Links ins Leere. Ich habe dagegen aus Depeschen zitiert und auch die entsprechenden Links geliefert.

    Einfach nur recht haben wollen ist natürlich nicht gut. Aber sofort zu allem eine Meinung und immer gleich noch ein paar Theorien zu haben, das muss auch nicht sein. Damit meine ich wohlgemerkt nicht Sie, sondern es ist einfach etwas, was mir in der Medienberichterstattung zu diesem Thema aufgefallen ist. Auch der Fefe ist so einer, der ja immer und zu jedem Thema unter der Sonne eine Meinung und zwei Theorien hat. Für so kompetent in allen fragen halte ich mich gar nicht. Ich weiß nicht úber alles Bescheid. Aber über Satelliten weiß ich doch schon etwas, und in aller Bescheidenheit, mehr als so mancher Power-Blogger oder Journalist.

    Hier ein Beispiel dafür, was mich an dem ganzen Medientrara nervt:

    http://www.spiegel.de/…nik/0,1518,737553,00.html

    In der Überschrift ist es noch ein “Späher im All”. Das kann noch alles Mögliche sein, mit so einer Formulierung liegt man nie falsch.

    Im ersten Absatz redet man schon von “neuen Satelliten, die auch für Spionagesatelliten genutzt werden können”.

    Schon im nächsten Absatz steht dann aber “beraten über die Entwicklung von neuen Spionagesatelliten”. So schnell geht das – ohne jeden Beleg gleich von einer Stufe zur nächsten springen und dann bei einer heftigen Behauptung landen. Das ist es, was ich am Großteil der Presse zu diesem Thema bemängele.

    Wer ist denn da der Besserwisser – der, der auf diese Art einfach “Nachrichten” in die Welt setzt oder der, der sagt: “Moment mal, was steht denn eigentlich in den Quellen, und ist das alles plausibel?”.

    Der Spiegel-Auto demonstriert übrigens gleich darauf seine Inkompetenz, indem er zeigt, dass er zwischen “Auflösung” und “Größe erkennbarer Objekte” nicht zu unterscheiden weiß. Den Fehler findet man anderswo auch. Ist doch wohl verständlich, dass ich dann Zweifel an seiner Fähigkeit hege, belastbare Fakten vorzubringen.

    Was die Rolle des BND angeht: Wenn ich in die mir verfügbaren Quellen schaue, dann ist die mir alles andere als klar. Was die wollen, oder vielmehr, was irgendeine ungenannte Quelle in der US-Botschaft über die Intention des BND zu wissen glaubt, und welche Rolle ihnen schließlich zugebilligt wird – wer kann sich anmaßen, ohne weitere Analyse zu behaupten, dass das eine dem anderen entspricht?

    Ebenso die Rolle des Verteidigungsministeriums. Bei einem angeblich doch verkappten militärischen Projekt würde ich erwarten, dass gerade das Verteidigungsministerium die Sache vorantreibt. Dabei scheint genau das Gegenteil der Fall zu sein. Steht jedenfalls wörtlich so in den zitierten Depeschen des diplomatischen Dienstes der USA, siehe mein Kommentar von heute früh.

    Auf Konflikte mit Frankreich berufen sich alle, aber dass es Konflikte sind, die darauf beruhen, dass Frankreich seine kommerziellen Interessen in der Erdbeobachtung schützen will, davon schreibt keiner. Dabei steht auch das wörtlich, und gleich mehrfach, in besagten Depeschen. Hat man die nicht gelesen oder passt das nicht in die schöne Pressetheorie vom geheimen Militärprojekt?

    Sie sehen, das ist alles nicht so einfach, und was die Besserwisserei angeht, wähne ich mich auch nicht unbedingt in vorderster Front.

  11. @Lichtecho: Keyhole-Apertur

    “Die operieren mittlerweile mit Spiegeldurchmessern von 4 Metern”

    Sind das wirklich vier Meter? Das kommt mir ein bisschen viel vor. Ich dachte Herschel mit 3,5 Metern sei der Rekordhalter oder habe ich da was falsch verstanden?

    Es ist das Kennzeichen wirklicher geheimer Spionagesatelliten, dass man deren technischen Daten nicht an jeder Ecke frei herunterladen kann. Das ist der Unterschied zu den vorgeschlagenen Satelliten des HiROS-Systems. Was man so an Daten findet, ist also mit einer erheblichen Unsicherheit behaftet. Spiegeldurchmesser von 4 Meter wird in der Tat von verschiedenen Quellen genannt.

    Ich habe hier detaillierte Zahlen gefunden:

    http://www.globalsecurity.org/…systems/kh-12.htm

    “Similar to the Space Telescope, the IMPROVED CRYSTAL is 13.25 feet in diameter, and with addition of its maneuvering support module, is over 43 feet long (compared to the 42 feet Space Telescope with its 10 foot diameter telescope barrel).”

    Bei genauem Nachlesen ist es allerdings der Außendurchmesser, der 13.25 Fuß groß sein soll. Diese Skizze hier (ob sie zutrifft, kann ich nicht beurteilen):

    http://www.globalsecurity.org/space/systems/kh-12-schem.htm

    … nennt Spiegeldurchmesser von bis zu 124 Zoll, das wären bis zu 3.2 Meter, demnach läge der von mir angegebene Wert um mindestens 80 cm zu hoch. Das wäre dann aber immer noch deutlich mehr als das dreifache der 75 cm des HiROS-Systems.

  12. Was mich daran stört…

    Es geht weniger um die Definition eines Spionagesatelliten anhand dessen geplanten Fähigkeiten sondern vielmehr um die Hintergründe.

    dazu nun noch ein paar interessante Zitate, die gesamten Cables sind auf http://www.aftenposten.no/…/wikileaksdokumenter/ die das Projekt betreffenden wurden am 03.01.11 veröffentlich.

    So nun aber zu dem bereits erwähnten: http://www.aftenposten.no/…er/article3969913.ece

    Zur Quelle selbst, worauf sie sich bezieht: “On 8 April 2009, US National Geospatial Intelligence Agency (NGA) officers met with German Intelligence Service (BND) officials to discuss Germanys plans for expanded nationally operated overhead reconnaissance resources. These meetings included a working lunch with BND Senior Vice President Arndt Freytag Freiherr von Loringhoven, and a working level meeting with BND Directorate UF Geospatial Intelligence (GEOINT) and Imagery Intelligence (IMINT)) officials led by Luftwaffe Colonel Joachim Karl Trenker. Other BND attendees included Bundeswehr Colonel Gross, Bundeswehr Lieutenant Colonel Frank Richter, Navy Captain zur See Hoffheinz, and the BND Deputy Head of Liaison for Berlin Lieutenant Colonel Sven Fleissig.”

    Interessant finde dort:
    “To minimize possible political backlash from developing HiROS as an intelligence satellite, the program will be managed by a civil agency, possibly the Ministry of Economics and Technology (BMWi). For political optics, the satellites themselves would be operated by a “commercial entity” created specifically for this purpose, but with tasking managed/controlled/coordinated by BND.”

    Es war also angedacht das Projekt unter zivilen Segel laufen zu lassen, weiterhin sollte ein Unternehmen zur Tarnung gegründet werden wobei aber die Kontrolle beim BND liegen soll.
    Genau dieser Letzte Satz ist für mich der Grund das als Spionage Satelliten zu sehen – warum will unser Nachrichtendienst denn sonst die Kontrolle??

    Das nächste:
    http://www.aftenposten.no/…er/article3969915.ece

    “The visit of BND General Hasenpusch, his IMINT-liaison Officer, COL J.K. Trenker, and addition team members to Astrium produced the following results:

    1) The BND is the official consumer for HiROS – this is politically uncontested.”

    Ohne weitere worte….
    So das sollte erstmal reichen, mal schauen vielleicht poste ich später mehr.. ich kann aber nur jeden empfehlen sich wirklich selbst ein bild zu machen und die depeschen selbst zu lesen…

  13. Ergänzung

    doch noch ein schönes gefunden:

    http://www.aftenposten.no/…er/article3969920.ece

    “4. (C) Eckardt anticipated that an official decision by the German government to fund HiROS would be made by mid-November and that its “primary customer” is adamant that construction begin in January 2010 with a planned deployment in 2013. (COMMENT: With the German general elections now in the rear view mirror, the new CDU/CSU coalition with the Free Democratic Party (FDP) will likely solidify political support for HiROS. The “primary customer” referred to by Eckardt is the German intelligence service (BND). END COMMENT) Eckardt predicted that the only thing that could derail HiROS at this point is if the German government is unable to finance the project due to constraints imposed by the financial crisis, adding his opinion that this is not likely.”

  14. Qualitätsjournalismus

    Ein kleines Mosaiksteinchen dazu: Auf http://www.aftenposten.no/…ks/article3969990.ece waren seit dem 3.1. immer nur 8 cables verlinkt. Erstaunlicherweise ist das aktuellste vom 30.9.09 – während im Text von cables bis Februar 2010 berichtet wird. Genau das haben deutsche und internationale Nachrichtenagenturen und Medien (AFP, SpiegelOnline etc) übernommen. Haben die das geprüft? Liegen weitere Cable vor? Falls ja, was steht drin? Falls nein, kriegen die so ein billiges fact-checking nicht mal hin? Man muss befürchten: ja, da wird einfach ohne Sinn und Versand kopiert.

  15. @Ulf: Mehr Qualitätsjournalismus

    Es liegt nahe, dass Spiegel & Co einfach von Aftenposten abgeschrieben haben. Sie beziehen sich ja nur auf diese Quelle. Die Tatsache, dass SPON zum wiederholten Male diese Falschmeldung brachte …

    [Satelliten,] die ab 2014 aus rund 500 Kilometer Höhe die Erdoberfläche so detailliert abbilden könnten, dass selbst Objekte von 50 Zentimeter Größe deutlich zu erkennen wären.

    … zeugt auch nicht von sonderlicher Mühe bei der Recherche.

    Ein anderer Fall von “Qualitätsjournalismus” steht mit einer weiteren Depesche der aktuellen Wikileaks-Veröffentlichung in Verbindung. Zahlreiche Medien zitieren vorgeblich aus diese Depesche:

    http://www.aftenposten.no/…er/article3972436.ece

    Dort steht u.a.:

    THE “FRENCHIES” STEAL MORE IPR FROM GERMANY THAN CHINA/RUSSIA

    8. (C) Smutny said his primary reason for leaving Tesat-SpaceCom was that he was sick of developing world class German-origin satellite technology only to have the “Frenchies” swoop in via their influence in EADS and siphon German intellectual property. Smutny frankly said “France is the evil empire stealing technology and Germany knows this”, but Germany´s decentralized government is not willing to do much about it. Going on at length of his despise of the French, Smutny said French IPR espionage is so bad that the total damage done to the German economy is greater the that inflicted by China or Russia.

    Diese Äußerung kann man nun wirklich nur noch als Tirade bezeichnen. Dass sie in den Depeschen steht – nun gut, dort wird halt berichtet, was jemandem zu Ohren gekommen ist. Aber ein Journalist sollte doch auch Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt hin bewerten. Wenn jemand so eine Hasstirade loslässt, stellt sich erst einmal die Frage, ob ein Manager, der ausschließlich Erfahrungen in elektronischen Satellitenkomponenten hat, wirklich qualifiziert ist, über den Schaden zu urteilen, der der deutschen Wirtschaft als Ganzes entstanden sein soll. Weiß der denn wirklich genug über die Pharmabranche, den Automobilbau oder die Bauwirtschaft, um zu wissen, wie die Situation mit der Industriespionage dort ist?

    Im gegebenen Fall stellt sich auch die Frage, ob so etwas in Stil und Inhalt nicht eher an den Stammtisch gehört.

    Aber nein, diese Behauptungen wurden von diversen Medien einfach so in den Äther geblasen. Was für ein Müll – mit Stammtischparolen den Stammtisch zu bedienen.

    http://www.focus.de/…he-spionage_aid_586916.html

    Zum Glück ist das nicht bei allen Medien so, die FTD zum Beispiel betrachtete schon den Gesamtkontext.

    http://www.ftd.de/…l-empire-du-mal/50211489.html

  16. @Peter: Genau, alle Quellen lesen!

    Üblicherweise ist es so, dass an den jüngsten Quellen abgelesen werden kann, wie sich eine Sache entwickelt. Die von Ihnen (und zuvor schon von mir) zitierte Depesche, die da alle möglichen feuchten Träume von nachrichtendienstlicher Seite zu beschreiben scheint, ist vom 15. Februar 2009.

    Hier ist eine weitere vom 11 September 2009, also 7 Monate neueren Datums, übertitelt: “The path foward” (Der Weg voran):

    http://www.aftenposten.no/…er/article3969911.ece

    Nichts von den ganzen Hirngespinsten von Tarnfirmen des Geheimdienstes. Es geht um konkrete rechtliche Fragen und rein kommerzielle Erwägungen.

    Übrigens ist die Firma Infoterra, die nach Ihrer Interpretation ein zur Tarnung eingerichtetes Scheinunternehmen unter Kontrolle des Bundesnachrichtendienstes sein soll, mittlerweile mit dem französischen Subunternehmen SpotImage zu den “Astrium GEO Information Services” zusammengelegt worden.

    http://www.infoterra.de/…eo-information_services

    Wie passt das denn zu Ihrer Theorie von der Tarnfirma des deutschen Geheimdienstes?

  17. “Wie passt das denn zu Ihrer Theorie von der Tarnfirma des deutschen Geheimdienstes?”

    Das nun vermutlich nicht Infoterra damit beauftragt werden wird? Warten wir es ab.

  18. HiROS

    Lieber Herr Khan,

    Vielen Dank für die sehr realistische und klare HiROS Abschätzung.

    Als ich das erste Mal die Berichte gelesen habe, habe ich mich tot gelacht.
    Die Berichte von Aftenposten sind frisiert, gefiltert, falsch und plump. Ob die auf dem Server von Aftenposten befindlichen Dokumente ohne Änderungen echt sind, Zweifel habe ich intensiv.

    Sehr bald wurde mir aber klar, dass viele Menschen Aftenposten (Mohammed Karikaturen auch gedruckt) die Bildzeitung von Norwegen, glauben werden. Da war mir nicht mehr zum lachen. Da war Ich leider sehr betroffen und bestürzt.

    Tatsache ist, dass das HiROS Programm nicht gibt und, dass es nicht geben wird.

    Über diese Studie HiROS wurde aber immer sehr offen in Fachkreisen diskutiert.

    Eine Kooperation bezüglich HiROS mit USA gibt es erst recht nicht.

    Es sind wenige Länder die Hochauflösende Kameras (Auflösung kleiner als 1 meter) und Satelliten bauen und oder versuchen zu kaufen für Militär und Zivile Anwendungen:
    In Umlaufbahn haben zurzeit folgende Länder optische hoch auflösende (< 1 meter) Satelliten:
    1. Russland
    2. China
    3. Israel
    4. Frankreich
    5. Indien
    6. USA

    Demnächst in Umlaufbahn kommen folgende Länder dazu (2-5 Jahren meine Abschätzung):
    1. Süd Korea
    2. Japan
    3. Türkei

    Die Finanzierung und Programm Durchführung wird bei folgenden Ländern im Laufe der nächsten 5-7 Jahren gestarten (meine Abschätzung):
    1. VAE
    2. Saudi Arabien
    3. Taiwan
    4. Kanada
    5. England

    Deutschland wird mit Sicherheit nicht dabei sein und erst recht nicht mit HiROS.

    Viele Grüße

    Walati

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