Lastovo – Trauminsel für Amateurastronomen?

BLOG: Himmelslichter

ein Blog über alles, was am Himmel passiert
Himmelslichter

Ein Team slowenischer Amateurastronomen machte sich Anfang Mai auf zur kroatischen Adriainsel Lastovo. Dieses Eiland liegt fernab von größeren Städten und ist doch gut erreichbar. So weit weg von der Küste sollte es dort noch einen von der Lichtverschmutzung ungetrübten Himmel geben – mitten in Europa. Ist Lastovo also eine Trauminsel für alle, die die Nacht gerne dunkel hätten?

Lastovo liegt in der südlichen Adria, genau gesagt bei 16° 52' östlicher Länge und 42° 45' nördlicher Breite. Die 46 Quadratmeter große Insel gehört zur Inselgruppe von Dubrovnik. Diese Stadt liegt aber schon 100 Kilometer entfernt. Italien, eines der hellsten Länder der Welt, liegt immerhin 180 Kilometer weit weg. Auf der Insel selbst leben verschiedenen Quellen zufolge zwischen 800 und 1250 Menschen. 2006 erklärte die kroatische Regierung die Inselgruppe um Lastovo zum Naturpark.

Lichtverschmutzung in Europa

Das inzwischen altbekannte Bild der Lichtverschmutzung in Europa. Seit der Erstellung dieses Bildes sind mittlerweile auch schon über 10 Jahre vergangen. (Quelle: Pierantonio Cinzano www.lightpollution.it)

Orte mit dunklem Nachthimmel werden in Zeiten der Lichtverschmutzung immer knapper. Will man heutzutage den Sternenhimmel genießen so wie ihn Galilei und Newton einst sahen, muss man weite Reisen in Kauf nehmen. Das Ziel der Expedition war es daher, die astronomischen Bedingungen auf Lastovo zu testen. Schließlich liegt die Insel für Zentraleuropäer deutlich näher als Namibia und Chile.

Drei Nächte lang haben Herman Mikuž und Andrej Mohar beobachtet. Um die Himmelsqualität zu beurteilen erstellten sie Aufnahmen des gesamten Himmels und machten zudem Messungen mit einem Sky Quality Meter (SQM). Ein solches Gerät misst die Resthelligkeit des Himmels und zeigt den Wert direkt in Magnituden pro Quadratbogensekunden an. Die Messung ist somit genauer und objektiver als die gewöhnliche visuelle Grenzgrößenbestimmung.

Auf ihrer Internetseite stellen die Dark-Sky Aktivisten ihre Resultate sehr eindrucksvoll dar. Das Ergebnis: Lastovo hat einen der dunkelsten Nachthimmel in ganz Zentraleuropa. Die SQM-Messungen liegen allesamt jenseits der 21,6 mag/arcsec², in den ersten beiden Nächten erreichten sie sogar 21,8 beziehungsweise 21.75 mag/arcsec². Einen solchen Himmel habe ich 2006 einmal in den Alpen erlebt, das SQM zeigte ebenfalls 21.75 mag/arcsec² und die visuelle Grenzgröße lag bei 7,4 mag. In jener Nacht war das Zodiakalband vollständig und deutlich sichtbar. Einen besseren Nachthimmel kann ich mir nicht vorstellen!

Auch die Himmelsaufnahmen zeigen die außerordentlich gute Qualität des Himmels. Die Aufhellungen der kroatischen und italienischen Küsten (letztere wie gesagt 180 Kilometer entfernt) sind zwar sichtbar, aber nicht störend. Die gezeigten Bilder sind unbearbeitet. Sie wurden mit einer Digitalkamera Canon EOS 5D und einem 8mm-Fischaugenobjektiv bei Blende 3,5 aufgenommen. Die Belichtungsdauer betrug jeweils 180 Sekunden bei ISO 1000.

Bemerkenswert finde ich den Vergleich der Aufnahmen auf Lastovo mit denen am Črni Vrh Observatorium auf dem slowenischen Festland, die wenige Tage später gewonnen wurden. Obwohl die SQM-Messungen für Črni Vrh ebenfalls einen Wert von 21.25 mag/arcsec² anzeigen, erkennt man auf den Fotos einen erheblich höheren Grad der Lichtverschmutzung. Der visuelle Eindruck ist erheblich schlechter als der SQM-Wert erwarten lässt.

Lastovo 

Die Himmelsaunahmen im Vergleich: Oben Lastovo, unten Črni Vrh. Der unterschiedliche Grad der Lichtverschmutzung ist deutlich erkennbar. Beide Aufnahmen wurden mit den selben Einstellungen gewonnen. (Angaben im Text.) Zwischen der oberen und der unteren Aufnahme liegen allerdings drei Tage. (Quelle: H. Mikuž, A. Mohar, Dark Sky Slovenia)

Crny Vrh

Wird Lastovo nun zu einem neuen Mekka für die Freunde des dunklen Nachthimmels? Immerhin lässt sich die Insel mit Auto und Fähre erreichen. Das ermöglicht es, auch schweres Gerät mit vertretbarem Aufwand dorthin zu schaffen. Auch das Klima der Insel spricht für einen Astrourlaub auf Lastovo. Von Mai bis September liegt die Sonnenscheindauer im Schnitt bei neun Stunden pro Tag.

Man kann nur hoffen, dass die traumhaften Bedingungen auf Lastovo auch erhalten bleiben. Denn egal wo, die Beleuchtungswut greift weltweit um sich, und leider werden fast immer die denkbar unsinnigsten Leuchtentypen eingesetzt. Das Motto heisst offenbar: je heller umso besser, egal mit welchen Folgen und koste es, was es wolle. Das wissen auch die Slowenen. Sie waren es, die im vergangenen Jahr das weltweit erste nationale Gesetz gegen Lichtverschmutzung in ihrem Land durchgesetzt haben. Nun schlagen sie ein ähnliches Gesetz nicht nur für Lastovo und Kroatien vor, sondern für ganz Europa.

Also bald Astrourlaub in Kroatien? Warum nicht. Vielleicht kommt dann auch dort der ein oder andere darauf, dass man mit einem dunklen Himmel Touristen anlocken kann. In Chile gibt es so etwas schon. Trotzdem frage ich mich, ob das eigentlich sein muss: Hunderte oder gar tausende Kilometer zu fahren oder zu fliegen, nur um erleben zu können, was doch eigentlich selbstverständlich ist: Nacht. Aber das ist wohl nur eine weitere Verrücktheit unserer modernen Zeiten.

Jedenfalls wird vom 25. August bis zum 1. September das erste internationale Dark Sky Camp auf Lastovo stattfinden, organisiert von Dark Sky Slovenia. Wenn ich Näheres zu dem Treffen erfahre, werde ich es hier im Blog veröffentlichen. Bis jetzt scheint es noch keine Internetseite dazu zu geben. Eines weiß ich jetzt schon: ein 22"-Dobson wird auf dem Treffen anwesend sein, damit kann man ja schon mal was anfangen.

Es ist schön zu sehen, wie sich die kleine, aber schlagkräftige slowenische Truppe weiter für die Rettung des Nachthimmels einsetzt. So etwas wäre doch auch in anderen Ländern wünschenswert, oder?

Dark Skies!

Jan Hattenbach
  

Avatar-Foto

Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

2 Kommentare

  1. Gesetzesinitiative in Frankreich?

    Gestern (25.6.) kam im Fernsehsender France 2 in den Hauptnachrichten ein Beitrag über die Lichtverschmutzung in den Städten, dabei wurde eine Gesetzesinitiative für Frankreich erwähnt, die das Ziel hat, durch gezieltes Licht Energie einzusparen und die Menschen vor störendem Streulicht zu schützen. Es tut sich also was ….
    Gruß,
    Andreas Hänel

  2. Re: Gesetzesinitiative in Frankreich?

    Hallo Andreas,

    das klingt doch gut! Warum nicht solche Initiativen buendeln – und zwar als Aktion zum Astronomiejahr 2009? Wie Daniel Fischer in seinem Blog http://astrojahr.blogspot.com/ vorschlaegt, koennte man Lastovo vielleicht als Gruppenziel wahrend des Astrojahres nutzen. Wenn ich es irgendwie schaffe, fahre ich dieses Jahr zum Darksky-Camp. Mal schauen, was man da unten so alles anstellen kann!

    Gruss,

    Jan

Schreibe einen Kommentar