Herschel vs. Hubble?

BLOG: Promotion mit Interferenzen

Auf dem Weg zum Profi-Astronomen
Promotion mit Interferenzen

Herschel hat das erste Bild übermittelt und die Wissenschaftler sind begeistert, dass alles bisher so reibungslos geklappt hat. Auch in der Presse wird fleißig darüber berichtet, so z.B. in einem Artikel in SPIEGEL Online, wo es heißt:

Das DLR weist darauf hin, dass noch nicht alle Instrumente von "Herschel" kalibriert seien. Bei der Bildqualität gibt es also noch Optimierungsmöglichkeiten. […] Allerdings hatte das "Hubble"-Teleskop der Nasa bereits im Jahr 2005 eine noch detailreichere Aufnahme der Galaxie geliefert. [Link im Original]

Genau das hatte ich befürchtet. 🙂 Da schießen die Europäer also das größte jemals gebaute Weltraumteleskop ins All – und dann sind die Bilder doch ‘schlechter’ als Hubble sie schon vor Jahren lieferte? Das kann doch wohl nicht sein!?

Hubble vs. Herschel?

Wieso schicken die Europäer ein Teleskop in den Himmel, das viel ‘schlechtere’ Bilder macht (rechts) als Hubble (links)? Bildquellen: Hubble: S. Beckwith (STScI) Hubble Heritage Team, (STScI/AURA), ESA, NASA; Herschel: ESA / PACS Consortium

Und tatsächlich: So ist es auch nicht! Es ist nämlich der buchstäbliche Vergleich von Äpfeln mit Birnen! Bei der Bildqualität, genauer: bei der Auflösung, muss man immer berücksichtigen bei welcher Wellenlänge ein Bild aufgenommen wurde: Die Auflösung ist nämlich definiert durch Teleskopdurchmesser geteilt durch Wellenlänge des aufgenommenen Lichtes. Bilder im UV bis optischen Wellenlängenbereich, wie das im Zitat verlinkte Bild von Hubble’s Advanced Camera for Surveys (ACS) sind bei einer Wellenlänge von etwa 400 Milliardstel Metern (Nanometern) aufgenommen, während das beschriebene Herschel-Bild bei etwa 100 Millionstel Metern (Mikrometern) aufgenommen worden ist — also bei einer 250-fach größeren Wellenlänge. Berücksichtigt man die Unterschiede im Spiegeldurchmesser (HST: 2,4 Meter, Herschel: 3,5 Meter), ergibt sich für den Vergleich der beiden Bilder ein Auflösungsunterschied von etwa 170x. Natürlich ist das Hubble-Bild also viel schärfer und detailreicher als das Herschel-Bild.

Wieso schickt man dann ein Teleskop in den Himmel, das bei einer großen Wellenlänge Bilder aufnimmt, die also eine schlechte Auflösung haben? Nun, leider kann man sich nicht aussuchen bei welcher Wellenlänge man betrachten will, wenn man sich für eine bestimmte wissenschaftliche Fragestellung interessiert: Will man z.B. (Sternen-)Staub betrachten, wie er in Regionen vorkommt, in denen Sterne gerade am Entstehen sind, muss man eben im fernen Infrarot schauen, auch wenn die Auflösung nicht so gut ist wie im Optischen oder gar Ultravioletten!

Update (22. Juni): Will man die erste Herschel PACS-Aufnahme mit anderen Instrumenten vergleichen, so bietet sich ein Vergleich an, wie er auf der ESA-Website gezeigt wird:

Spitzer MIPS vs. Herschel PACS

Zwei mal M51: Links mit Spitzers MIPS bei 160 µm Wellenlänge aufgenommen, rechts mit Herschels PACS bei ebenfalls 160 µm. Deutlich ist die bessere Auflösung des PACS-Bildes zu erkennen.

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www.ileo.de

Nach dem Studium der Physik in Würzburg und Edinburgh, habe ich mich in meiner Diplomarbeit mit der Theorie von Blazar-Spektren beschäftigt. Zur Doktorarbeit bin ich dann im Herbst 2007 nach Heidelberg ans Max-Planck-Institut für Astronomie gewechselt. Von dort aus bin ich mehrere Male ans VLT nach Chile gefahren, um mithilfe von Interferometrie im thermischen Infrarot die staubigen Zentren von aktiven Galaxien zu untersuchen. In dieser Zeit habe ich auch den Blog begonnen -- daher der Name... Seit Anfang 2012 bin ich als Postdoc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching im Norden von München. Dort beschäftige ich mich weiterhin mit Aktiven Galaxien und bin außerdem an dem Instrumentenprojekt GRAVITY beteiligt, das ab 2015 jeweils vier der Teleskope am VLT zusammenschalten soll.

6 Kommentare

  1. Hubble-Bild . . . als das Hubble-Bild?

    “Natürlich ist das Hubble-Bild also viel schärfer und detailreicher als das Hubble-Bild.”
    Da scheint was nicht zu stimmen.
    Aber den Beitrag gefällt mir ansonsten sehr gut: Genau das, was ich mir von einem Science-(B)Log erwarte – nämlich genaues Hingucken, was wirklich los ist.

  2. M51

    In SPON steht in letzter Zeit ziemlich viel unausgegorenes Zeugs.

    Ganz abseits von Vergleichen zwischen Hubbel und Herschel – wobei ich natürlich Leonard Darlegung vollkommen zustimme – muss ich sagen, dass ich das bekannte Hubble-Bild der Whirlpool-Galaxie als ein absolutes Hubble-Highlight sehe. Ein brandheißer Kandidat für einen Spitzenplatz der besten astronomischen Aufnahmen aller Zeiten.

    Aber das ist nur eine Bemerkung am Rande, allein dem ästhetischen Empfinden geschuldet, nicht dem wissenschaftlichen Wert.

  3. > In SPON steht in letzter Zeit ziemlich
    > viel unausgegorenes Zeugs.

    Zum Beispiel schon hier:

    “… Am sogenannten Lagrangepunkt L2, der von der Erde aus gesehen weit hinter dem Mond liegt, …”

  4. M51

    Hi Jürgen und Michael,
    danke für Eure Kommentare! Den Tippfehler habe ich gerade eliminiert… Ich denke auch, dass die Hubble-Aufnahme von M51 eine sehr ästhetische und auch wissenschaftlich interessante Aufnahme ist, wo man sehr schön die jungen und noch entstehenden Sterne in den Spiralarmen und die alten, gelben Sterne im Kern der Galaxie sieht.
    Viele Grüße,
    Leonard

  5. Genauer betrachtet:

    Winkelauflösung:

    Wellenlänge = 160 Mikrometer = 0,000160 Meter,

    Durchmesser des Hauptspiegels = 3,5 Meter,

    Winkelauflösung in Rad =
    1,22 * 0,000160 / 3,5 = 0,000056,

    Winkelauflösung in Grad =
    70 * 0,000160 / 3,5 = 0,0032.

    Veranschaulichung:

    Bei kleinen Winkeln ist zwischen Rad und dem Tangens des Winkels kaum ein Unterschied.

    Winkelauflösung in Rad =
    1,22 * 0,000160 / 3,5 = 0,000056,

    Das bedeutet 56 Millimeter auf 1 Kilometer,

    oder 56 Lichtjahre auf eine Million Lichtjahre.

    Sterne sind rund 5 Lichtjahre von einander entfernt,

    und Galaxien sind rund 2 Millionen Lichtjahre von einander entfernt.

    Das bedeutet, daß wir bereits in der Andromeda-Galaxis keine einzelnen Sterne nachweisen könnten.

    Bei 37 Millionen Lichtjahren Entfernung sind das dann 2072 Lichtjahre (56*37).

    Galaxien haben rund 100000 Lichtjahre Durchmesser,

    2072 Lichtjahre sind also rund 2 Prozent oder 1/50 des Durchmessers einer Galaxis.

    Die ganze Galaxis liegt dann auf 50*50 = 2500 Pixeln.

    Da kann der CCD-Chip nichts dafür, denn das ist ein rein optischer Beugungseffekt.

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